Entwicklungsprojekt im Rahmen des Förderprogramms “Lokale Soziale Innovation”, Berlin
Laufzeit: 01.09.2024 - 28.02.2025
OSI unterstützt soziale Träger und soziale Unternehmen mit dem Ziel, die Situation geringqualifizierter und sozial benachteiligter Geflüchteter in Pankow zu verbessern.
Statt kurzfristiger Förderung und Konkurrenz sollen sie befähigt werden, neue Kooperationen einzugehen und Ressourcen gemeinsam zu nutzen. Zugang zu neuen Methoden und spezifischem Know-how befähigen sie, ihre gemeinwohlorientierten Angebote insbesondere für Geflüchtete auszubauen und diese dabei einzubeziehen. Die soziale Innovation liegt in der Effektivierung sozialer Leistungen, um sie für Zeiten immer knapperer öffentlicher Mittel zu stärken. Instrumente, die u.a. eine Professionalisierung begünstigen, werden zugänglich gemacht. Bestehende Netzwerke wie BBWA, Wirtschaftskreis und soziale Träger werden in einer Task Force Bedarfe ermitteln, Ressourcen bündeln, Verbesserungsstrategien entwickeln und überprüfen, um nach der Entwicklungsphase einen Prototyp für innovative Kooperationsformen erproben zu können.
Aktuelles:
Auschreibung der (Vor-)Gründungsberatungen und Workshops bis zum 23.02.2024:
Im Rahmen des Projekts Social Economy Berlin (SEB) werden Berater:innen oder beratende Organisationen gesucht, die (Vor-)Gründungsberatung für Soziale Unternehmen (Soziale Solidarische Unternehmen, Social Entrepreneure, Social Startups und (digitale) Genossenschaften) umsetzen.
Darüber hinaus werden werden Organisationen aus dem Sektor der Sozialen Ökonomie gesucht, die niedrigschwellige Fachworkshops für Soziale Unternehmen (Soziale Solidarische Unternehmen, Social Entrepreneure, Social Startups und (digitale) Genossenschaften) als flankierendes Angebot zur (Vor-)Gründungsberatung umsetzen. Es können weitere Themen vorgeschlagen werden, die aus Sicht der Beratungsorganisationen aktuell relevant sind.
Aktuelles:
Booklet zu Sozialen Unternehmen
und öffentlicher Vergabe
Im Booklet werden 3 Beispiele guter Praxis aus Berlin vorgestellt. Es wird gezeigt, dass soziale Unternehmen in vielerlei Hinsicht genau die richtigen Partner für öffentliche Institutionen sind, da mit ihnen ökologische und soziale Ziele erreicht und nachhaltige Lösungen gefördert werden können. Dies spiegelt sich auch in der kürzlich veröffentlichten „Nationalen Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen“ der Bundesministerien für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie Bildung und Forschung (BMBF) wider. Mehr Informationen findet ihr im weiter unten verlinkten Booklet.
Empowering and Supporting Social Enterprises in Berlin (ESSE)
Das Projekt wird im Rahmen des Programms „REACT with impact – Förderung des Sozialunternehmertums“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz unterstützt und von der Europäischen Union als Teil der Reaktion der Union auf die COVID-19-Pandemie (REACT-EU) finanziert. Es wird im Zeitraum vom 01.07.2023 bis zum 31.12.2023 umgesetzt.
Gründer:innen und bestehende Soziale Unternehmen in der frühen Wachstumsphase werden durch das Projekt im Rahmen von unterschiedlichen Maßnahmen bei ihrer Professionalisierung unterstützt:
1. Unterstützung für Soziale Unternehmen durch Einzel- und Gruppenberatung
Regelmäßig stattfindende Sprechstunde:
Technologie-Netzwerk Berlin e.V, Wiesenstraße 29, 13557 Berlin
Mittwochs 13-15 Uhr. Gerne vorab telefonisch unter 030/46507345 oder per Email an a.behm@technet-berlin.de anmelden.
2. Community-übergreifender Austausch im Rahmen von Stammtischen zum Teilen von Good-Practice-Beispielen und zur Identifikation potentieller Synergien. Nächsterer Termin: 29.11.2023, 17-19 Uhr, Baumhaus, Gerichtstr. 23, 13347 Berlin-Wedding
3. Durchführung von Seminaren für Unternehmerinnen und Beraterinnen zu professionalisierungsrelevanten Themen:
Seminar I: Wirkungsmessung: Soziale Buchführung & Sozial-Audit, 15.11.2023, 10-15 Uhr
Seminar 2: Soziale Kapitalbildung & Entwicklung demokratischer Governancestrukturen, 22.11.2023, 10-15 Uhr
4. Veröffentlichung kostenfreier Toolkits auf einer neuen Webseite www.soziale-oekonomie.de
- Soziale Buchführung
- Soziales Marketing
- Partizipatives Management und Soziales Kapital
- Planning for Real für Unternehmensgründungen
Durch Austausch und Kompetenzentwicklung sozial-solidarischer Unternehmen untereinander, mit Organisationen der Zivilgesellschaft und weiteren Akteur:innen des Ökosystems wird die Sichtbarkeit und Wirkung der Sozialen Ökonomie fördert.
Social Economy Berlin
Aufbau eines gemeinsamen Ökosystems für Social Entrepreneurship und Soziale Solidarische Ökonomie in Berlin
Social Economy Berlin (SEB) ist ein Projekt des Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V. (SEND) und dem Technologie-Netzwerk Berlin e.V. Das Projekt wird von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft Energie und Betriebe unterstützt und vom 01.08.2020 – 31.12.2021 umgesetzt.
Zentrales Ziel ist der Aufbau eines Ökosystems und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Soziale Ökonomie (SÖ) in Berlin. Um dies zu erreichen, arbeiten wir an einem übergreifenden Netzwerk der Unterstützungsorganisationen, Anlaufstellen und Unternehmen.
Das Projekt stellt zur Unterstützung Sozialer Unternehmen kostenfreie (Vor-) und Gründungsberatung bereit, und treibt außerdem die Sichtbarkeit der Sozialen Ökonomie in Berlin voran. Wir verbreiten das Thema in der Öffentlichkeit und den Institutionen der Berliner Wirtschaftsförderung. Zudem veranstalten wir regelmäßige Networking Events und Workshops, um einen Dialog innerhalb der Unternehmen aus den verschiedenen Strömungen der SÖ voranzutreiben und Hemmnisse abzubauen.
Unser Projektpartner SEND steht dabei für die Social Entrepreneur und Social Start-Ups und TechNet für die Soziale Solidarische Ökonomie (SSÖ). Unser gemeinsames Ziel ist es, alle näher zusammenzubringen und die Bedeutung des Sektors insgesamt bekannt zu machen.
Es ist uns wichtig, ein nachhaltiges und resilientes Ökosystem aufzubauen, denn nur gemeinsam können wir die Soziale Ökonomie sichtbarer machen in Verwaltung, Wirtschaftsförderung, Bildung und Zivilgesellschaft.
Modellprojekt
Nachbarschaftliche Dienstleistungen im Stadtteil
im Programm „Soziale Innovation“ des MWAE Land Brandenburg
Juli 2020 - 30. Juni 2022
Mit diesem Projekt wird eine innovative zielgruppenspezifische Maßnahme zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und Integration von Benachteiligten (vor allem von Geringqualifizierten, Menschen mit Behinderung bzw. Gesundheitseinschränkungen, Menschen mit Migrationshintergrund, Alleinerziehenden, Älteren) in Erwerbsarbeit umgesetzt und seine Transferfähigkeit bzw. Skalierung unter dem Gesichtspunkt des sozialen Nutzens geprüft.
Zielsetzung ist eine nachbarschaftliche Dienstleistungsagentur mit der damit verbundenen Infrastruktur für personenbezogene und haushaltsnahe Dienstleistungen sowie für die Vermittlung von Arbeitskräften und Auszubildenden im Bereich der Gesundheit und Pflege.
Ein Projekt zur Stärkung der Sozialen Solidarischen Ökonomie in Berlin:
Soziale Solidarische Ökonomie VET2 – Stärkung der Kompetenzen und Fertigkeiten von Trainern
Dieses Projekt zielt darauf ab, die Soziale Solidarische Ökonomie (SSÖ) in Europa durch die Ausbildung von Trainern in diesem speziellen Bereich zu fördern.
Mit dem Streben nach Innovation in der Beruflichen Bildung wollen wir zur bürgerschaftlichen und beruflichen Entwicklung der Menschen beitragen, indem wir alternative sozialökonomische Modelle in ihre Ideen und Einstellungen integrieren.
Es handelt sich um ein 3-jähriges Projekt (Sep. 2018 - Aug. 2021), das Organisationen aus verschiedenen europäischen Ländern und ein europäisches Netzwerk zusammenbringt. Es wird aus dem EU-Programm Erasmus+ kofinanziert.
Hier befinden sich weitere Informationen zum Projekt (Video und Materialien):
https://www.youtube.com/watch?v=f3mZnpCTow8
https://www.socioeco.org/IVET2
Soziale Solidarische Ökonomie in Europa -
Stärkung eines neuen Paradigmas durch die Innovation von IVET-Curricula
Dieses Projekt zielt auf die Stärkung der Sozialen Solidarischen Ökonomie (SSÖ) in Europa durch die Innovation von Curricula im Bereich von IVET (Berufliche Orientierung und Erstausbildung). Hauptziel ist eine zusammenhängende (Aus-) Bildungs- und Berufsentwicklung für jüngere Generationen, in der alternative sozioökonomische Modelle und Paradigmen im Rahmen ihrer Gedanken und Verhaltensweisen zusammengefügt werden.
In diesem Kontext haben wir uns diese Ziele im Projekt gesetzt:
1. Bestandsaufnahme der Möglichkeiten und Hemmnisse für die Implementation der SSÖ in die IVET-Curricula auf nationaler und EU-Ebene
2. Entwicklung eines gemeinsamen Lernpakets von SSÖ-Modulen in IVET
3. Inklusion von SSÖ-Ausbildungsmodulen in IVET-Curricula auf nationaler und EU-Ebene
Partner im Projekt sind, neben TechNet, Organisationen aus Bulgarien, Griechenland, Italien, Portugal, Rumänien und Tschechien sowie RIPESS, das interkontinentale Netzwerk zur Förderung der Sozialen Solidarischen Ökonomie.
Soziale Innovation
Entwicklung einer nachbarschaftlichen Dienstleistungsagentur
Mehr sozialer Zusammenhalt im Stadtteil durch Nachbarschaftshilfe - am Beispiel der Serviceagentur „Miteinander“ Hohenstücken.
Ein Entwicklungsprojekt im Rahmen des Programms „Soziale Innovationen“.
Dienstleistungsagentur „Miteinander“ in Hohenstücken - Wie kann es gelingen?
Im Rahmen des Programms „Soziale Innovation“ wollen wir erkunden, wie die Agentur erfolgreich wirken kann und ob dieses Modell an anderen Orten anwendbar ist.
Kontakte:
In Berlin:
Technologie-Netzwerk Berlin e.V.
Wiesenstr. 29
13357 Berlin
Tel. 030-4612409
Dr. Günther Lorenz
In Brandenburg an der Havel:
Technologie-Netzwerk Berlin e.V.
Büro Hohenstücken
Walther-Ausländer-Str. 1
14772 Brandenburg an der Havel
Tel. 03381-5516580
Laufzeit: 01.03.2019 - 31.08.2019
Gefördert durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Brandenburg.
Graefewirtschaft e.V.
Mit dem Modellvorhaben Graefewirtschaft zeigt die Berliner Entwicklungsagentur für soziale Unternehmen und Stadtteilökonomie (BEST) eine erfolgreiche arbeitsmarktpolitische Strategie auf, welche MigrantInnen eine dauerhafte berufliche Perspektive eröffnet hat.
BEST begleitete die soziale Unternehmensgründung und -entwicklung zur Schaffung von bis heute 50 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen für benachteiligte MigrantInnen entlang ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie des Bedarfs im Stadtteil. Über mehrere Jahre wurden Produkte, Angebote und Dienstleistungen zur Generierung von Einnahmen entwickelt, sowie ein nachhaltiges sozialunternehmerisches Finanzierungskonzept etabliert.
Das von BEST angewandte Modell zur Entwicklung der Graefewirtschaft ist übertragbar, unabhängig von Branche und Zielgruppe.
Die Weltküche
Die Weltküche ist aus dem sozialen Unternehmen Graefewirtschaft e.V. hervorgegangen. Mit der Entwicklung der Weltküche wurde einer Gruppe von Migrantinnen aus dem Graefekiez die eigene Unternehmensgründung ermöglicht. BEST unterstützte und begleitete die Gründung und wurde dafür gemeinsam mit der Graefewirtschaft mit dem Preis Soziale Stadt ausgezeichnet.
Das Restaurant 'Die Weltküche' in der Graefestraße 18 wird seit Mitte 2014 eigenständig von ehemals arbeitslosen Migrantinnen und Migranten geführt. Sie kochen dort täglich frisch die Gerichte aus ihren Heimatländern und betreiben einen Cateringservice mit Fingerfood aus aller Welt.
Quartiersbetrieb Hohenstücken - Arbeit im und für den Stadtteil
Mit dem ESF-Bundesprogramm BIWAQ (Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier) werden Projekte unterstützt, welche die Chancen von BürgerInnen in benachteiligten Stadtgebieten verbessern, indem sie Menschen in Arbeit bringen und die lokale Ökonomie stärken.
Als Projektpartner initiiert und begleitet TechNet die Gründung des Stadtteilbetriebs Hohenstücken, mit welchem quartiersspezifische Bedürfnisse mit lokalen Ressourcen gedeckt werden sollen. Somit werden nachhaltige Arbeitsplätze für Bürgerinnen und Bürger aus Hohenstücken geschaffen und die Lebensqualität im Quartier wird verbessert. Darüber hinaus etabliert TechNet ein Unternehmensnetzwerk in Brandenburg an der Havel, um Kooperationsstrukturen zu stärken und somit den Stadtteilbetrieb sowie bereits bestehende Unternehmen zu unterstützen.
SHORT STORY EINES STADTTEILBETRIEBS
„In einigen kleinkarierten und monochromatischen Wirtschaftstheorien scheinen zum Beispiel diejenigen zivilgesellschaftlichen Bewegungen keinen Platz zu finden, welche Arbeitslose, Arbeitnehmer in den prekären Arbeitsverhältnissen und viele andere, die nicht einfach in die vorgegebenen Kanäle passen, versammeln.“
Papst Franziskus, Fratelli tutti: Über die Geschwisterlichkeit. Enzyklika, Leipzig2020, S.112
1. Der Anfang
Die Soziale Ökonomie ist ein wichtiger Bestandteil der Volkswirtschaften unserer Gesellschaften. Gäbe es keine sozialen Unternehmen, würden Armut und Arbeitslosigkeit, Umweltzerstörung und soziale Ausgrenzung noch größere Ausmaße erreichen. Zugleich stellen sie eine Perspektive zukünftigen alternativen Wirtschaftens dar.
Im Jahr 2015 begannen wir mit BewohnerInnen in einem Soziale-Stadt-Gebiet in Brandenburg, einen besonderen Ansatz sozialer Unternehmensgründung zu verfolgen. Schon seit den 80er-Jahren haben meine Kollegen und ich die Entwicklung von Stadtteilbetrieben in Europa verfolgt. Sie existieren in den Niederlanden, in Frankreich, in Britannien und Italien, einige auch in Deutschland. Meine Kollegen von TechNet und ich beschlossen, im Rahmen eines Biwaq-Projekts (Bundesprogramm für Soziale-Stadt-Gebiete) mit Bewohnern des Stadtteils Hohenstücken einen Stadtteilbetrieb zu initiieren.
Zwar wurde im Rahmen der Bundesmittel die Entwicklung des Betriebs finanziert, doch alle anderen Mittel mussten aus anderen Quellen beschafft werden. Erschwerend war auch, dass wir die Lokalität erst erkunden und potentielle Partner identifizieren mussten. Es war durchaus nicht von allen erwünscht, das auswärtige Personen oder Organisationen vor Ort intervenieren. Viele Projekte mit vorhersehbarem Verfallsdatum hatte dieser Stadtteil schon gesehen, und nun kam jemand mit dem Vorsatz, einen dauerhaft tragfähigen Ansatz zu realisieren.
Die Stadtverwaltung nahm schließlich den Vorschlag auf, dieses Projekt zu beantragen, und schließlich wurde es auch bewilligt. Während uns zunächst viel Skepsis entgegenschlug, kamen zugleich nach unserer Ankündigung viele Bürger zu uns, die daran interessiert waren, in einem neuen Unternehmen sinnvolle Arbeit zu finden. Mit bis zu 30 Personen trafen wir uns einmal in der Woche im Bürgerhaus, um gemeinsam das Unternehmen zu entwickeln. Obwohl dieser Ansatz weithin unbekannt ist und auch wir vor Ort nicht bekannt waren, kam uns von unten so viel Vertrauen entgegen, das wir ermutigt wurden, trotz aller Widrigkeiten voranzuschreiten.
Aus eigener Erfahrung und europäischen Forschungsergebnissen war uns klar, welche Schritte zur Umsetzung erforderlich waren. Zuerst wurde mit der Gründergruppe ermittelt, welche Angebote von Produkten und Dienstleistungen im Stadtteil existierten und welche fehlten. Alle Mitglieder hatten eine Ausbildung oder Erfahrung vorzuweisen, jedoch waren die meisten arbeitslos oder in einem prekären Arbeitsverhältnis. Einige waren auch gesundheitlich beeinträchtigt. Dennoch konnte schnell festgestellt werden, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten sie für diese Bedarfsfelder einsetzen konnten. Schnell wurde klar, dass wir über genug Humanressourcen verfügten, um Arbeit in fünf Geschäftsbereichen einsetzen zu können: erstens: Gastronomie, zweitens: kulturelle und Freizeitaktivitäten, drittens: haushaltnahe / personenbezogene Dienstleistungen, viertens: Gartenarbeit und fünftens: Reparaturarbeiten.
2. Die Mühen der Ebene
Kern des Stadtteilbetriebkonzepts ist der Multi-Stakeholder-Ansatz, d.h., es sind möglichst viele Betroffene in die Unternehmensstrategie einzubinden. Wesentliche Erfolgskriterien sind der Mix von Geschäftsbereichen, des Personals und der Einnahmequellen. Uns war klar, dass nur unter Erfüllung dieser Bedingungen der Betrieb dauerhaft tragfähig werden würde. Klar war aber auch, dass es schwierig werden würde, alle diese Bedingungen zu realisieren.
Das Konzept eines Stadtteilbetriebes zu vermitteln, ist nicht einfach, weil es weitgehend unbekannt ist. Unsere Mitstreiter waren überzeugt davon, diese Unternehmung zu starten, weil es ihnen unmittelbar einleuchtete, dass es zu ihrem eigenen Nutzen ist und weil sie in dieser sinnvollen Arbeit dem Stadtteil neues Leben einhauchen wollten. Den Prozess selbst mussten wir steuern, aber der Enthusiasmus der Mitstreiter hat alles Übrige dazu beigetragen.
In den ersten regelmäßigen Sitzungen wurde ihnen das Konzept erläutert, und in einem gemeinsamen Prozess erarbeiteten wir das Unternehmens-Leitbild und erstellten eine Liste der möglichen Aktivitäten im Rahmen des Betriebs. Welche Angebote der Betrieb anbieten sollte, wurde auf einer Wandtafel aufgelistet. Diese wurden dann Clustern bzw. Geschäftsbereichen zugeordnet.
3. Probe des Exempels
Die gemeinsamen Sitzungen fanden in einem Raum statt, der uns unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. In einem weiteren Raum, der uns von unserem Partner BAS zur Verfügung gestellt wurde, konnte als erstes ein Cafébetrieb erprobt werden. Von einem Vormieter wurde eine Teeküche übernommen, die von einer Arbeitslosen-Selbsthilfe aus Berlin gespendet worden war. In der warmen Saison konnten dann auch Markterprobungen auf dem Vorplatz des Bürgerhauses vorgenommen werden.
Viele Kenntnisse und Fertigkeiten konnten unsere Mitstreiter selbst einbringen. Vieles aber auch wurde von unseren Mitarbeiterinnen und Honorarkräften vermittelt: z.B. Servicekenntnisse, Hygiene-Kenntnisse und Gastronomie-Erfahrungen. Bald waren unsere Unternehmensgründer so weit aufgestellt, dass sie verschiedene Geschäftsaktivitäten aufnehmen konnten. Allerdings war der erste Schritt, die Eröffnung des Stadtteil-Cafés, mit vielen Herausforderungen behaftet: Zunächst musste eine Organisationsform installiert werden, die es ermöglichte, Räume zu mieten und Personal einzustellen.
Im Jahr 2017 wurde dann der Verein „Arbeiten und Wohlfühlen Hohenstücken e.V.“ gegründet. Dies war eine Voraussetzung dafür, dass gegen viele Widerstände ein Café mit Küche im Erdgeschoss übernommen werden konnte. Die lange Durststrecke bis zur Übernahme dieses Cafés hat unsere Mitstreiter nicht davon abgeschreckt, durchzuhalten. Zeitungs-, Film- und Fernsehbeiträge bestätigten die Relevanz ihrer Arbeit, und die Motivation, eine Alternative zu ihrer Arbeitslosigkeit zu erarbeiten, tat ihr Übriges.
Jedoch mussten wir immer wieder feststellen, dass die erhoffte Unterstützung von der Stadtverwaltung, den Partnern und dem JobCenter letztendlich nicht immer so ausfiel wie gewünscht. Allerdings war die ideelle Unterstützung vieler Netzwerke, der Wohnbaugesellschaften und Beiräte des Stadtteils nicht nur motivierend, sondern auch hilfreich bei der Beantragung von Projektmitteln. Immer wieder mussten wir uns dieser Unterstützung versichern und uns von Rivalitäten und Feindseligkeiten nicht beeinflussen lassen.
3. Es wird ernst
Die Gründung des Stadtteilcafés im April 2017 war dann den Startschuss der ersten Geschäftstätigkeiten. Bis zu diesem Zeitpunkt und im Fortgang engagierten sich alle Mitstreiter freiwillig unbezahlt. Zunächst wurden Kaffee und Kuchen ausgegeben, verschiedene Freizeitaktivitäten eingeleitet, wie gemeinsame Bastelkurse, Kartenspiele und Musikveranstaltungen. Später kamen auch Fotoausstellungen dazu. Familien buchten Räume und Catering für Geburtstags und Beerdigungsfeiern.
Die von einem Verein übernommenen Büro-, Gast- und Küchenräume mussten komplett renoviert werden. Die Kücheneinrichtung musste komplett erneuert und die Elektrik ebenfalls auf den neuesten Stand gebracht werden. Die lokalen Wohnungsbaugesellschaften unterstützten uns dabei ideell und materiell.
Wie kam es, dass diese Personen so engagiert bei der Sache blieben, ob wohl bis dato keine Löhne gezahlt wurden? Viele waren Empfänger von Sozialhilfeleistungen und wurden immer wieder auch vom JobCenter bedrängt, einen anderen Job anzunehmen. Die meisten hatten eine langjährige Maßnahmenkarriere hinter sich. Der Vorstandsvorsitzende kommentierte es so: „Dies ist meine letzte Chance, und ich werde sie nutzen.“ Von den ca. 30 BewohnerInnen, die anfangs dabei waren, sind immer noch 15 Personen ständig dabei, und es kommen immer wieder neue dazu.
Schließlich beantragten wir mit dem Ziel, Arbeitsplätze zu schaffen, beim regionalen JobCenter sieben 16i-SGB II-Stellen. Damit konnten wir über einen Zeitraum von 2 Jahren die Beschäftigung von langjährigen Arbeitslosen zu tariflichen Bedingungen finanzieren.
4. Die Krux mit den Maßnahmen
Unser Ziel war von Anfang an, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen. Die Verkaufserlöse aus dem Cafébetrieb genügten nicht, um die Entgelte zu finanzieren. Als Übergang beantragten wir Anfang 2019 Zuschüsse vom Job Center für sieben Personen. Nach dem ersten Beschäftigungsjahr sollte unsere Organisation jeweils zehn und 20 Prozent Kofinanzierung bereitstellen. Der Beginn war sehr holprig, weil auch das JobCenter mit diesen neuen Maßnahmen noch nicht betraut war.
Zwar stiegen die Einnahmen aus den Verkaufserlösen, aber wir mussten uns neue Einnahmequellen überlegen, um wenigstens die Kernbelegschaft ausfinanzieren zu können. Zu diesem Zeitpunkt konnte die zukunftsfähige Idee, in die Gemeinschaftsverpflegung von Schulen zu kommen, nicht realisiert werden. Eine Stadtteil-Mensa wäre der Startpunkt dafür gewesen. Leider kam Ideengeber mit diesem Projekt nicht recht voran.
Man hätte auch neue größere Küchenräumlichkeiten einrichten müssen, um eine große Anzahl von Mittagessen zu produzieren. Inzwischen hatte das Team eine moderne Kaffeemaschine angeschafft und einen täglichen Mittagstisch eingerichtet. Vom Personal her waren die Voraussetzungen für eine Ausweitung geschaffen.
Es war jedoch klar, dass andere Aktivitäten neue Einnahmequellen erschließen mussten. Dazu gehörten das Reparaturcafé und eine Serviceagentur. Für die Entwicklung dieser Geschäftsbereiche wurden Projektanträge gestellt, die jeweils zum Erfolg führten. Lottomittel und die Förderung durch das Land Brandenburg in einem Modellprojekt für personennahe Dienstleistungen ermöglichten die dauerhafte Einrichtung eines Reparaturcafés und der Serviceagentur Miteinander.
Unsere Organisation verhalf den Mitstreitern, die Organisation und das Management der Betriebe und des Vereins selbstständig durchzuführen. In einem partizipativen Prozess wurden die Mitarbeiterinnen qualifiziert und im Sinne des Empowerment befähigt, gemeinsam selbstständig zu werden. Aus verschiedenen Gründen, die mit der 16i-Finanzierung und der damaligen Landespolitik zusammenhingen, konnten wir die 7 Stellen auf Dauer nicht ausfinanzieren.
5. Die Krisen
Es gab schwierige Zeiten, insbesondere in der Pandemie. Die Verkaufserlöse gingen zurück; zeitweise konnten die Produkte nur ausgereicht werden. Es fanden keine Feiern mehr statt, und das Catering verlief schleppend. 2019 lief das Biwaq-Projekt aus, und wir versuchten, für unsere Entwicklungsarbeit alternative Mittel bei der Stadt zu beantragen. Wir bekamen aber eine negative Auskunft, auch was die Kofinanzierung der 16-i-Stellen betraf.
Schließlich gelang es uns, die Stadt davon zu überzeugen, einen zweiten Biwaq-Antrag stellen. Damit wurde nach einer unbezahlten Übergangsphase unsere Unterstützungsarbeit weiterfinanziert. Nach Wegfall der 16-i-Stellen blieben dennoch alle Mitstreiter im Unternehmen außer denen, die woanders hin vermittelt wurden.
Dies waren unsere Erfolgsbedingungen: das Commitment der Mitstreiter und unserer Anstrengungen, ihnen Zuversicht zu vermitteln und unsere eigene Gewissheit, dass das Konzept tragfähig ist. Die Einnahmen aus den Verkaufserlösen wurde nunmehr ergänzt durch die Aktivitäten der Serviceagentur. Gelder aus der Pflegekasse konnten für Honorare und Aufwandspauschalen der Helfer genutzt werden.
Auf Grund der Pandemie wurde es uns ermöglicht, das Biwaq-Projekt zu verlängern. Ende Dezember 2022 schließlich fielen die Biwaq-Mittel endgültig aus. Die Stadt war nicht willens, ein weiteres Biwaq-Projekt zu beantragen. Inzwischen waren unsere Mitstreiter jedoch in der Lage, ihre Aufgaben selbstständig zu erfüllen. Zwei Personen sind nunmehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt, die restlichen werden über Aufwandsentschädigungen und Honorare finanziert.
6. Innen- und Außenwirkung
In zahlreichen Veröffentlichungen lokaler und regionaler Medien wurde der Stadtteilbetrieb vorgestellt und bekanntgemacht: in den Artikeln der Märkischen Allgemeinen Zeitung, lokalen Medien und Kanälen (BRAWO, Stadtkanal, medienpoint etc.) und sogar zweimal auch im regionalen Abendprogramm des RBB. Einer unserer Mitarbeiter (Horst) hat sogar in den internationalen Medien Aufmerksamkeit erregt.
Im Juni 2022 wurde von einer Mitarbeiterin eine Berichterstattung nach dem Sozial-Audit-Verfahren erarbeitet, die im Team ausgiebig diskutiert wurde. Zweck dieses Verfahrens ist es, die Ziele und Wirkungen sozialer Unternehmen darzustellen und zu veröffentlichen. Dabei kam heraus, dass die Mitarbeitenden im Betrieb weitgehend bis sehr zufrieden waren. Die Befragung sogenannter „externer Stakeholder“ (Kunden, Partnerbetriebe und -vereine) ergab, dass den wenigsten die ganze Bandbreite der Betriebsaktivitäten noch unbekannt war. Insofern bot dieses Verfahren die Möglichkeit, den Stadtteilbetrieb bekannter zu machen.
7. Konklusion
Zusammenfassend können wir feststellen, dass das Konzept Stadtteilbetrieb funktioniert, auch unter erschwerten Bedingungen. Die in der letzten Phase vorgenommene Sozialberichterstattung hat ergeben, dass dieser Betrieb im Stadtteil eine relativ hohe Popularität erlangt hat und dass die Beschäftigten mit ihren Arbeitsbedingungen sehr zufrieden waren.
Für zukünftige derartige Vorhaben ist es sehr wichtig, für einen diversen Personalmix zu sorgen und so viele externe Stakeholder einzubinden wie möglich. Bindendes und brückenbildendes soziales Kapital zu nutzen und zu bilden ist jedoch die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Stadtteilbetriebs-Gründung. Vertrauen, Gegenseitigkeit, gemeinsame Normen, Verantwortungs- und Zugehörigkeitsgefühl sowie soziale Vernetzung waren die Grundvoraussetzungen unseres Erfolgs.
Wir können nur jeden ermuntern, es ebenfalls selbst zu versuchen und dabei unsere Erfahrungen und die Erfahrungen aus dem deutschen und europäischen Raum ausgiebig zu nutzen.
CEST Transfer
Im Rahmen des Leonardo da Vinci-Programms entwickelte TechNet mit europäischen Partnern aus Italien, Schottland, Polen und Deutschland ein Curriculum für die Soziale Solidarische Ökonomie. Ergebnis der gemeinsamen Arbeit ist das Handbuch eines praxisnahen Lernpakets für Praktiker, Unterstützer und Multiplikatoren in sozialen Unternehmen, kostenlos erhältlich in englischer sowie in deutscher Sprache.
Das Handbuch enthält die Module:
Zukunft der Arbeit
Zukunft der Ökonomie
Gemeinwesenentwicklung und Gemeinwesenökonomie
Aufbau und Entwicklung einer sozialen Unternehmenskultur
Perspektivisch soll hieraus eine spezielle Betriebswirtschaftslehre der Sozialen Ökonomie in den wichtigsten europäischen Landessprachen entstehen. Informationen zu CEST und das Handbuch gibt es auch in englischer Sprache unter: www.cest-transfer.de
Beschäftigungsnetzwerk Gesundes Neukölln
Als Projektträger im Förderprogramm 'Partnerschaft - Entwicklung - Beschäftigung' (PEB) etablierte TechNet die Marke Gesundes Neukölln, unter welcher Akteure der Gesundheitswirtschaft und Prävention zusammenarbeiten. Übergeordnetes Ziel des Projektes ist die Verbesserung der Beschäftigungsentwicklung und der gesundheitlichen Versorgung im Berliner Stadtteil Neukölln. TechNet initiierte und etablierte das Netzwerk Gesundes Neukölln, welches Jugendlichen und jungen Erwachsenen nachhaltige Integrationsmöglichkeiten durch Ausbildung und Arbeit in der lokalen Gesundheitswirtschaft ermöglicht.
Integration von Benachteiligten in die Gesundheits- und Pflegeberufe im Berliner Bezirk Neukölln
Das Förderprogramm 'Partnerschaft - Entwicklung - Beschäftigung' (PEB) hat zum Ziel, durch lokale Kooperationen für neue Beschäftigung zu sorgen. Dabei wird besonders auf die berufliche und soziale Integration benachteiligter Personen abgezielt: Unter Berücksichtigung der Bedürfnisse vor Ort werden neue Beschäftigungsfelder erschlossen und Modellprojekte in der Praxis erprobt.
Im Rahmen dieses Programms etablierte TechNet ein Unternehmensnetzwerk im Berliner Bezirk Neukölln, wodurch 139 Menschen mit geringer Qualifizierung in verschiedene Gesundheitsberufe vermittelt werden konnten. Unter anderem wurden SchülerInnen in Kooperation mit den Schulen sowie zahlreichen Partnern und Netzwerken in Berlin-Neukölln für Gesundheitsberufe sensibilisiert und bei der Berufswegeplanung unterstützt.
European P'ACTES - Learning and Cooperation Platform for the Social and Solidarity based Economy
Mit Mitteln des GRUNDTVIG-Programms vertiefte die europäische Lernpartnerschaft P'ACTES auf Lernreisen mit sechs europäischen Partnern aus Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Schottland und Portugal den Erfahrungsaustausch über gute Beispiele im Bereich der Sozialen Solidarischen Ökonomie. Dabei wurden relevante Kompetenzen, Methodologien und Instrumentarien ausgetauscht und weiterentwickelt.
TechNet bearbeitete auf den Lernreisen fünf thematische Bereiche mit den Lernpartnern:
Soziale Unternehmen und Beschäftigungseffekte
Solidarische Landwirtschaft
Unterstützung von Arbeitslosen-Selbsthilfe
Lokalökonomische Initiativen
Lokale Partnerschaften für die Soziale Ökonomie
Soziales Kapital - EU Forschungsprojekt CONSCISE
Soziales Kapital – das ist der Kitt, der die Menschen in der Gesellschaft zusammenhält; das ist zugleich der Humus, auf dem Humankapital und selbst Produktiv- und Finanzkapital wachsen können. (Zitat aus dem CONSCISE-Projekt).
In unserem europäischen Netzwerk ist Anfang 2000 das EU-Forschungsprojekt CONSCISE mit dem Ziel angestoßen worden, die Funktion Sozialen Kapitals in der Sozialen Ökonomie zur Entwicklung der Lokalen Ökonomie zu untersuchen.
Die auch für die Entwicklung sozialer Unternehmen bedeutsamen Ergebnisse können Sie auf folgender Seite in deutscher sowie englischer Sprache ansehen: www.european-network.de